«’Brennende Herzen’ bedeutet, dass Missionarinnen und Missionare für die Liebe Jesu brennen»

Interview mit Schwester Marina Aguilar, Nationaldirektorin der Obras Misionales Ponitificas in Ecudaor

Sr. Marina Aguilar gehört der Gemeinschaft der «Hermanas marianitas» an und ist Nationaldirektorin der OMP (Obras Misionales Pontificias)/Missio) in Ecuador. Im Interview mit Missio spricht sie über den Monat der Weltmission, den synodalen Prozess und wie sie als Frau Missio in Ecuador leitet.

Missio: Der Slogan für die Kampagne des Monats der Weltmission im Oktober heisst dieses Jahr «Brennende Herzen, begeisterte Schritte»: Was bedeutet dieser Slogan für die Kirche in Ecuador und für die Weltkirche?

Schwester Marina: Der Slogan des Monats der Weltmission hat eine tiefe Bedeutung, nicht nur für die katholische Kirche in Ecuador, sondern für die ganze Kirche, weil wir alle dazu berufen sind, Jesus persönlich zu begegnen und auf diesem Hintergrund selbst zu seinen Zeugen zu werden. «Brennende Herzen» bedeutet, dass Missionarinnen und Missionare für die Liebe Jesu brennen und sich von ihr antreiben lassen, um sich auf den Weg zu machen und auf die anderen Menschen zuzugehen. Wenn man von der Liebe Gottes aufgrund einer persönlichen Erfahrung mit Gott erfüllt ist, macht man sich auf den Weg, nicht nur im physischen Sinne. Gehen bedeutet, sich zu bewegen, alles abzustreifen, was einen belastet, was einen davon abhält, eine wahre synodale und missionarische Kirche zu bilden.

Missio: Eine synodale Kirche definiert sich durch Partizipation, Gemeinschaft und Mission: Was bedeutet das für die Kirche in Ecuador und für die Weltkirche?

Schwester Marina: Für unsere Kirche bedeutet es, zu den Ursprüngen zurückzukehren und uns daran zu erinnern, wie das Volk Israel geboren wurde, nämlich genau auf dem Hintergrund dieser drei Perspektiven. Und wie wurde unsere Kirche geboren? Auch sie entstand auf dem Hintergrund von Gemeinschaft, Partizipation und Mission. Verschiedene Dokumente der Kirche und Botschaften der Päpste fordern genau dies: Im Leben der Menschen, die die Kirche bilden, ist Partizipation wichtig. Partizipation bedeutet, Verpflichtungen und Aufgaben in der Kirche zu übernehmen und die Rolle aller zu respektieren. Gemeinschaft führt uns zu Partizipation, d.h. zu Geschwisterlichkeit. Diese verlangt nicht, dass alle gleich denken oder dass alle nur Ja sagen. Gemeinschaft bedeutet, dass die Kirche trotz unterschiedlicher Ideen und Entscheidungen zur Gemeinschaft in der Liebe zu Gott und zur Mission findet. Das ist der Ursprung der Mission. Wir sagen, dass die Kirche von ihrem Wesen her missionarisch ist, weil sie wirklich für die Mission geboren wurde und für die Mission lebt.

Missio: Sie sind die Nationaldirektorin von Missio in Ecuador. Was bedeutet das und wie wichtig ist es, dass eine Frau dieses Werk leitet?

Schwester Marina: Ich würde nicht von der Rolle sprechen, die ich spiele, denn eine Rolle impliziert eine Aufgabe, die es zu erfüllen gilt. Die Tatsache, dass eine Frau hier die Leitung hat, bedeutet, dass wir den Frauen Raum geben, dass wir alle, Frauen und Männer, in der Mission mitverantwortlich sind. Jesus selbst sagt uns, dass wir alle zu dieser Kirche gehören. Das erfordert, vom Tun zum Dienen zu wechseln und im Kopf und im Herzen neu zu denken. Die Arbeit ist umfangreich und schwierig! Ich muss mich in jeden Menschen hineinversetzen und versuchen, im richtigen Moment die richtigen Worte zu finden. Das erfordert Umkehr, Vorbereitung, aber vor allem bedeutet es Dienst, denn in der Kirche dürfen wir keine Rollen übernehmen, sondern müssen dienen.

Die Kirche in Ecuador zeichnet sich durch ihre vielen Realitäten aus. Es gibt zahlreiche ethnische und kulturelle Gruppen. Deshalb ist das Evangelium in der Geschichte der Kirche je nach Ort inkulturiert worden und hat die lokalen Gegebenheiten durchdrungen. Evangelisationsarbeit auf dem Land ist nicht gleich wie in der Stadt. Die Säkularisierung in den Jugendgruppen und Familien ist in der Stadt so weit vorangeschritten, dass die pastorale Arbeit dort viel schwieriger ist als zum Beispiel in einem Vikariat im Osten des Landes.

In diesen Gebieten hat man versucht, die Bibel in Quechua zu übersetzen. Diese indigene Sprache ist in Ecuador am weitesten verbreitet. Im Amazonasgebiet sprechen verschiedene ethnische Gruppen ihre eigene Sprache. Verschiedene Priester haben versucht, die Texte der Liturgie und der Sakramente in deren Muttersprache zu übersetzen. Jede Gruppe hat ihre Besonderheiten. Die Kirche in Ecuador ist bestrebt, ihre pastoralen Mitarbeitenden so vorzubereiten, dass sie, wenn sie in diesen Regionen unterwegs sind, zumindest die Grundelemente der Sprache kennen, um die Menschen zu verstehen und von ihnen verstanden zu werden.

 

Missio: Wie erleben und sehen Sie den Zölibat der Priester?

Schwester Marina: Unsere Kultur akzeptiert nicht, dass ein Mann oder eine Frau nicht heiraten oder Kinder haben soll. In einem solchen Umfeld ist es schwierig, den Weg des Priestertums oder des Ordenslebens zu gehen.

In der Quechua-Kultur gilt eine Frau nicht als Frau, wenn sie keine Kinder hat oder nicht verheiratet ist. Das ist auch der Grund, warum die Laienbewegung im Amazonas so stark gewachsen ist. Nicht etwa, weil es keine Priester gibt, sondern weil die Kirche in Ecuador den Laien viel Raum gibt. In einigen Jurisdiktionen gibt es das ständige Diakonat. Die Ortskirchen unterstützen diesen Weg. Die Berufungspastoral ist ein hartes Pflaster. Wie soll man das Zölibat in einer Kultur vermitteln, die es nicht als Wert, sondern als Zeichen der Schwäche ansieht! In den Diözesen und Erzdiözesen aber gibt es weiterhin Berufungen. In den acht apostolischen Vikariaten hingegen geht gar nichts. Deshalb sind diese auf Personal aus anderen Diözesen angewiesen. Es ist schwierig, in einer solchen Kultur von Berufungen zu sprechen, in einer Welt, die dem Geld und dem Beruf so viel mehr Bedeutung beimisst. Hier gibt es keinen Platz für ein Leben im geweihten Dienst an Gott.